„Plastic Ocean“ als Opener für die Ausstellung „Polar“
Es fühlte sich noch ungewohnt und gleichzeitig wohltuend an: In seiner Geschäftsstelle im Leisen Speicher im Osnabrücker Hafen begrüßte der Landschaftsverband Osnabrücker Land (LVO) am 6. Mai 2022 mehr als dreißig Gäste zur ersten Auflage seiner Ausstellungsreihe „Kunst im Speicher". Dies war die erste öffentliche Veranstaltung des Verbandes in seinen neuen Räumen – seit dem Umzug von der Iburg nach Osnabrück Anfang 2020.
Kunstausstellung als Nachwuchsförderung
LVO-Vorsitzender Wolfgang Beckermann empfing die Kunstinteressierten und erläuterte kurz die Hintergründe für das Ausstellungsformat, das als „Alte Apotheke – Neue Kunst" auf der Iburg begonnen hatte. Nach coronabedingter Pause kann der LVO nun wieder Studierenden des Fachbereichs Kunst der Universität Osnabrück eine Möglichkeit bieten, ihre Arbeiten zu zeigen. Diese Nachwuchsförderung sei dem Verband ein großes Anliegen und er stärke damit den „Kunstfaktor" der Region, so Beckermann
Die Eröffnung und somit die Öffnung der Geschäftsstelle sei längst überfällig gewesen, betonte er und dankte den elf beteiligten Künstlerinnen und Künstler: Merle Bastin, Silvia Berheide, Martin Collmann. Laura Demann, Julia Gebhardt, Anna Mekineli, Julia Sandmann, Dominik Schulte, Julia Tschöpe, Jasmin Wemeling und Svenja Wittland.

Foto: Gabriele Janz
Im Anschluss an Beckermanns Begrüßung erläuterte Kunstprofessorin Sigrun Jakubaschke-Ehlert die insgesamt 14 großformatigen Werke, die jetzt in der LVO-Geschäftsstelle in den Büros und im Flur gehängt sind. Die Studierenden hätten das Thema „Polar" sehr unterschiedlich interpretiert. Spannend daran sei die Tatsache, dass es immer zwei Pole gebe, die sich anzögen oder abstießen.
Die Grundidee bei Laura Demanns „Plastic Ocean" war ein ewiger Müllkreislauf, bei dem der Ozean Plastikmüll verschlucke, ihn einmal herumwirbele und dann wieder ausspucke. Dies verdeutlicht die Künstlerin durch den Einsatz von geleerten Tablettenblistern und anderem Verpackungsmaterial, die ihrer Arbeit in Mischtechnik eine besondere Dynamik verleihen.
Julia Tschöpe sieht eine Polarität im Gegeneinander von Mensch und Schlange, von Warmblütler und Kaltblütler. Ihr stellenweise wie ein Aquarell wirkendes Acrylbild „Temperatur" zeigt eine unbekleidete weibliche Figur, um die sich eine blaue Schlange windet.
An eine Aufnahme mit einer Wärmebildkamera erinnert das Werk „Polar" von Silvia Berheide. Ein Frauenkörper, der dem Betrachter den Rücken zuwendet, versinnbildlicht die kühle Hülle, der die Emotionen innewohnen. Das Bild zeigt bereits durch die Verwendung von kalten Farben einerseits und warmen andererseits starke Kontraste.

Foto: Gabriele Janz/LVO
Kontraste zwischen Komplementärfarben
Ein fast wie aus zwei monochromen Arbeiten zusammengesetztes Werk („o. T.") steuerte Anna Mekineli bei und nimmt dabei den Komplementärkontrast zwischen Rot und Grün als Grundlage ihres Bildes. Farbabstufungen und eingefügte Striche lassen sich als Metallsplitter interpretieren, die sich abstoßen oder zusammenfügen.
Jasmin Demeling schickt eine dunkelviolette Schlangenlinie über gelbe Blöcke und setzt in ihrer Arbeit ohne Titel damit nicht nur Kontraste zwischen der organischen und den geometrischen Formen. Auch der Kontrast zwischen den Komplementärfarben Gelb und Violett verleiht ihrer Acrylarbeit Dynamik.
Das Bild von Dominik Schulte, ebenfalls „Polar" betitelt, zeigt mit Hilfe der Komplementärfarben Rot und (Blau-)Grün auch einen starken Kontrast, den die betonte Richtung des Duktus und der lockere Farbauftrag noch steigern

Foto Gabriele Janz/LVO
Grafische Strukturen kontra Lebendigkeit
Martin Collmann bezieht sich in seinen Bildern „Polarisation des Geistes" und „o. T." anhand von Porträts auf menschliche Figuren. Die graphischen Strukturen in Verbindung mit geklebten Elementen aus verschiedenen Materialien wirken nahezu meditativ und ermöglichen dem Künstler selbst und auch dem Betrachter weitere Assoziationen.
Fast wörtlich nimmt Merle Bastin hingegen mit „Antarktika" das Thema der Ausstellung. Sie erarbeitet mit einem dynamischen Pinselduktus und Spachteltechnik einen „gefrorenen" Kontinent. Der hölzerne Malgrund symbolisiert dabei für sie den Kontrast zwischen Eiswüste und Leben.
Die Natur und den Menschen setzt Julia Sandmann gegen die kantigen Formen von Häusern. Sie verarbeitet in ihrer Interpretation von „Polar" Erinnerungen an Reisen und verbindet diese mit ihrem Interesse an Stadt, Land und dem Menschen.
Zum Umherwandern wie in einem Labyrinth lädt Julia Gebhardts „Bündnis" ein. Ein warmer roter und ein kalter blauer Strom versuchen sich auf ihrem Bild zu vereinen und finden gleichzeitig nicht zusammen, bis sie in einem gemeinsamen Kern verschmelzen.
Svenja Wittland hat sich in ihrer Malerei („Polarlichter", „Eislandschaft 1+2") von polaren Motiven inspirieren lassen, die sie als ein Spiel von luftig schwebenden leichten Formen in Kontrast zur schroffen Landschaft setzt. So erreicht sie im Wechsel von Himmel und Erde eine Irritation: Was ist fest, was ist leicht, was ist oben, was ist unten?

Foto: Gabriele Janz/LVO
Endlich eine Ausstellungsmöglichkeit für "Polar"!
Die Studierenden, die pandemiebedingt zwei Jahre auf die Präsentation ihrer Arbeiten warten mussten, freuten sich über die Gelegenheit, nun endlich ausstellen zu können. Laura Demann brachte es auf den Punkt: „Ich persönlich bin sehr glücklich und dankbar, dass die Arbeiten meiner Kommilitonen und mir nun doch noch die Möglichkeit zur Ausstellung bekommen. Es ist ein schöner Abschluss des Seminars und für viele auch des Studiums und würdigt die viele Arbeit, die man dort hineingesteckt hat. Der Dank gilt dabei natürlich Frau Jakubaschke-Ehlers, aber auch dem Landschaftsverband, der dies nun möglich macht."
Zu ihrer eigenen Arbeit äußert sie sich so: „Bei der Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsthema Polar kamen mir recht schnell Assoziationen wie polarisierend, Magnet, Spannungsfeld, anziehend oder abstoßend in den Kopf. Da sich auch meine Prüfungsreihe des Wintersemesters mit gesellschaftskritischen und tagesaktuellen Themen beschäftigte, war es für mich direkt klar, dass auch mein Ausstellungswerk eine Gesellschaftskritik bzw. eine bestimmte Aussage beinhalten sollte. Mein Bild hat einen besonderen Platz an der großen Wand im Flur bekommen. Mit diesem Ort der Hängung bin ich sehr zufrieden, denn es ist das erste Bild, wenn man die Räumlichkeiten des Landschaftsverbandes betritt. Daher fühlt es sich für mich so an, als würde ich mit „Plastic Ocean" die Ausstellung „Polar" eröffnen.
Informationen
Die neue Staffel von „Kunst im Speicher" wird bis circa Mai 2023 zu sehen sein und kann von Montag bis Freitag jeweils von 9-12 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei. Es gelten die aktuellen Corona-Regeln. Eine Anmeldung mit der Angabe der gewählten Uhrzeit wird unter T 0541/600585-16 oder albes(at)lvosl.de erbeten.