Rundum gelungener Landschaftstag im sommerlichen Kloster Lage
Bei sommerlich angenehmstem Wetter nahmen gut hundert Gäste am diesjährigen Landschaftstag des Landschaftsverbandes Osnabrücker Land e. V. (LVO) im Innenhof der ehemaligen Kommende, jetzt Kloster Lage, teil. Malerisch gruppiert um die große Linde des Innenhofs erlebten sie die Vergabe der Auszeichnung 2022 an Professor Fritz-Gerd Mittelstädt sowie des mit 5.000 Euro dotierten Kunstpreises 2022 an das Künstlerduo Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer – allesamt aus Melle.
Landschaftstag der besonderen Art
Bruder Bernhardin, Guardian des seit circa einem Jahr auf der ehemaligen Kommende heimischen Klosters der Franziskanerminoriten, hieß die Gäste herzlich auf Lage willkommen. Die derzeit vierköpfige Gemeinschaft könne bereits an das kontemplative Leben anknüpfen, das Dominikanerinnen 20 Jahre lang in Lage geführt hatten. Perspektivisch wolle die kleine Gemeinschaft behutsam diesen geschichtsträchtigen Ort weiter für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Der Vorsitzende des LVO-Vorstands, Osnabrücks Erster Stadtrat Wolfgang Beckermann, dankte ebenso herzlich für die Gastfreundschaft und hob die würdige und landschaftlich wunderbare Einheit des Ensembles von Kloster Lage hervor. Viele der Gäste – darunter die Bundestagsabgeordnete Filiz Polat, Landrat i. R. Manfred Hugo, Oberbürgermeister i. R. Hansjürgen Fip, weitere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie ehemalige Preisträger, Vertreterinnen aus der Kulturverwaltung, Gremienmitglieder des LVO und zahlreiche Kunstschaffende und Kulturakteure – waren zu diesem besonderen Anlass nach Lage gekommen. Des Weiteren führte Beckermann die Gäste kurz durch die aktuellen Themen des Landschaftsverbandes. Dass der Landschaftsverband dem großen Schatz an Kirchen und Klöstern im Osnabrücker Land schon lange eng verbunden sei, hob er besonders hervor. Habe der LVO doch bereits mit Publikationen, Ausstellungen, Tagungen und Vernetzung dieses Thema stets im Blick behalten.
Blick auf aktuelle LVO-Themen
Unter den aktuellen Themen des LVO nannte Beckermann unter anderem die auf Nachhaltigkeit angelegten Aktivitäten zu Justus Möser. Schließlich habe man 2020 keine Eintagsfliege produzieren, sondern möchte so bedeutende Gestalten „à la longue ins öffentliche Bewusstsein bringen" wollen. Viel Charme entfalten dabei auch unvermutete Themenfelder wie die beispielsweise die Waldwirtschaft, die beispielsweise ein kompetenter Forstwissenschaftler im Rahmen von Wanderungen erläutere, oder die Zeitreise von Mösers Tochter Jenny in Glane und Melle: Als 273-jährige erzähle sie einer Schar interessierter Kinder aus ihrer eigenwilligen Zeit. Dies sei ein guter Weg, aktuelle Vermittlungsformen zu Möser-Themen zu finden, so Beckermann.
Als nächste große Veranstaltung hob Beckermann die für September 2022 angesetzte landesgeschichtliche Tagung „Frankreich in Osnabrück" hervor, die die Region in napoleonischer Zeit in den Blick nehme. Eingebettet in das Symposium seien auch ein Osnabrücker Friedensgespräch zum deutsch-französischen Verhältnis sowie ein Konzert der Universitätsmusik Osnabrück. Und dies war auch das Stichwort zur Musik des Landschaftstages – denn mit Bedacht wurden die Gäste bereits auf Frankreich eingestimmt: Die Sängerin Sigrid Heidemann (Sopran) und die Pianistin Julia Habiger-Prause präsentierten ausgesprochen hörenswerte Lieder von Gabriel Fauré, Pauline Viardot und Édith Piaf. Mit jeweils herzlichem und anhaltendem, begeistertem Beifall dankte es das Festpublikum den beiden Musikerinnen.
Beckermanns Ausblick umfasste aber auch das nach zwei Jahren Pause wieder stattfindende „Sommerflimmern – Kino auf dem Lande". Es sei eine sonderbare Fügung, dass es nun mit einem bereits zurückliegenden Motto starte, nämlich „Frei!", das angesichts der derzeitigen Weltlage nun unvermutet besonderes Gewicht erhalte.
LVO – ein guter Partner des Landes
Zum zweiten großen „Standbein" des LVO skizzierte Beckermann eindrücklich dessen vielfältige Förderaktivitäten, nicht zu vergessen zahlreiche Sonderprogramme des Landes. Er dankte ausdrücklich dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur ebenso wie der Landschaftlichen Brandkasse in der VGH für die gute langjährige Partnerschaft. Nicht zuletzt wies Beckermann auch darauf hin, dass dem LVO für 2022/23 turnusgemäß eine weitere Aufgabe zugewachsen sei: Dem Verband obliege derzeit die Sprecherfunktion für ALLviN, die Arbeitsgemeinschaft der Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen – „eine Aufgabe die wir gerne und mit Herzblut erfüllen", so Beckermann. 2023 werde man die ALLviN-Präsidentinnen und Präsidenten nach Osnabrück einladen.
Angesichts des turnusgemäßen Wechsels an der Spitze des Verbandes vom Landkreis auf die Stadt Osnabrück und die parallel erfolgende Neubesetzung der Fachgremien dankte Beckermann den in der letzten Wahlperiode ausgeschiedenen Arbeitskreismitgliedern des LVO und betonte: „Die Qualität der Arbeit unseres Verbandes wäre nicht, was sie ist, ohne unsere guten regionalen und überregionalen Netzwerke und ohne die Fachlichkeit, mit der eine Vielzahl von Spezialisten uns bereichern." Ferner wurde zweier verstorbener Arbeitskreismitglieder gedacht, die von Anbeginn das Profil des LVO mitprägten. Schließlich erweiterte Beckermann seinen Dank auch auf alle derzeit fast vierzig aktiven Mitglieder der LVO-Fachgremien: Sie seien „das Rückrat" der fachlichen Expertise des LVO.
Neues Preisobjekt für die LVO-Auszeichnung
Unmittelbar vor dem Hauptprogrammpunkt, der Vergabe von Auszeichnung und Kunstpries, wies der Vorsitzende noch auf eine Besonderheit hin. Denn erstmals werde anlässlich des diesjährigen Landschaftstages das auf fünf Jahre produzierte neue Preisobjekt für die Auszeichnung vergeben: Aus einem Künstlerwettbewerb ging als Siegerentwurf ein Objekt des Osnabrücker Künstlers Jakob Bartnik hervor, das aufgrund des hohen künstlerischen Niveaus und der originellen formalen Anlehnung an ein Zepter überzeugte. Beckermann dankte an dieser Stelle dem Künstler herzlich für diese gelungene Form der Ehrung.
Auszeichnung 2022 geht an Honorarprofessor Fritz-Gerd Mittelstädt
Die Auszeichnung 2022 ging an Honorar-Professor Fritz-Gerd Mittelstädt in Anerkennung seines jahrzehntelangen Engagements für die regionale Kultur des Grönegaus. Der LVO würdigt mit dieser Auszeichnung insbesondere die Herausgabe des Meller Jahrbuchs, aber auch die intensive Vernetzung und das umfassende ehrenamtliche Tun Mittelstädts. Der einstige Universitätskollege und Uni-Vizepräsident Prof. Dr. Joachim Härtling hob in seiner Laudatio das enorme Spektrum an Themenfeldern des Preisträgers ebenso hervor wie dessen respektable Anzahl von Publikationen u. a. in namhaften Fachjournalen. Stets habe Mittelstädt seine Verwurzelung in der Region behalten und mit einer weit darüber hinausreichenden Wirksamkeit verbunden.
Kunstpreis 2022 des LVO an Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer
Der mit 5.000 Euro dotierte Kunstpreis 2022 des Landschaftsverbandes ging an das Meller Künstlerduo Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer. Sie erhalten den Preis für ihre künstlerischen Leistungen auf dem Gebiet der Graphic Novel. Diesem Genre verleihen sie, so die Preisbegründung des LVO, durch ihre Arbeitsweise eine ganz eigene Handschrift, die weit über die Region und Deutschland hinauswirke. Der Laudator Dr. Thomas Schneider, Leiter des Erich Maria Remarque-Friedenszentrums, hob hervor, in welchem Maße sich von Borstel und Eickmeyer mit ihrem Werk insbesondere zu Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues" in das Bildgedächtnis des Ersten Weltkrieges eingeschrieben haben. Damit sei ihnen zugleich der künstlerische Durchbruch gelungen. Zugleich waren beide aber auch als „Comic-Reporter" humanitär ebenso wie künstlerisch engagiert, haben zu Justus Möser eine bemerkenswerte Graphic Novel vorgelegt und zuletzt mit dem Führer für Kinder „Ponga" durch den Allwetterzoo Münster einen bemerkenswerten Beitrag u. a. zur Vermittlung von Artenschutzthemen geleistet. Der Kunstpreis des Landschaftsverbandes sei mehr als verdient, er sei als erste Auszeichnung des Künstlerduos „überfällig", so Schneider.

Foto: Gabriele Janz
Intentionen und Pläne der Preisträger:innen
In einem kurzen Interview, moderiert von Dr. Susanne Tauss, Geschäftsführerin des Landschaftsverbandes, kamen die Preisträger selbst zu Wort. An Professor Mittelstädt gerichtet, erkundigte sie sich nach dem Hauptbeweggrund für dessen heimatkundlichen Aktivitäten und seiner Haltung zum Stellenwert ehrenamtlicher Arbeit in der Regionalkultur. Mittelstädt verwies nicht nur auf die alte Bedeutung von „Kultur" – die stets auch die natürliche Umwelt und den umgebenden Raum einschließe. Er verwies dementsprechend darauf, dass kulturelles Engagement ohne den zugehörigen Raum schlicht nicht möglich sei, Land und Leute gehörten unbedingt dazu. Auf seine kommenden Themen angesprochen, verwies er schmunzelnd auf das 50jährige Jubiläum der Stadt Melle. Hierzu habe er vieles in Arbeit und viel mehr aber noch – zu unterschiedlichsten Bereichen – in den Schubladen.
An Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer gewandt, erkundigte sich Tauss nach deren Motivation, in dem viele künstlerische Sparten verbindenden Genre der Graphic Novel zu arbeiten. Von Borstel verwies zunächst auf die große Tradition von „Geschichten mit Bildern"; was sie beide reize, sei gerade diese Verbindung, sie sei stets von neuem spannend. Zur Frage nach dem Zusammenwirken im Duo gaben beide mit einem Augenzwinkern zu erkennen, dass dies Vor- und Nachteile habe und es sie beide manchmal wundere, dass sie noch immer verheiratet seien. Befragt nach neuen Themen, verwiesen sie auf das von Laudator Schneider erwähnte kleine Buch über ein Orang-Utan-Mädchen „Ponga" für den Münsteraner Zoo, mit dem sie das Anliegen, auf Artenschutz, Lebensraumerhaltung und den Erhalt von Ökosystemen aufmerksam zu machen, verbinden. Zugleich sei aber auch ein langfristiges Projekt zu Grimmelshausens „Simplicius Simplicissimus" in Arbeit. Digitale Ausstellungsformate würden im gleichen Zusammenhang geplant, woraufhin Tauss daran erinnerte, dass ja auch die Graphic Novel zu Justus Möser digital im Netz präsentiert sei. Sie wünschte allen Preisträgern weiterhin gutes Gelingen bei ihren vielfältigen Vorhaben, freue sich auf das, was noch von ihnen kommen werde, und dankte für das Gespräch.
Ausklang
Der sommerliche Landschaftstag klang aus mit der „Hymne à l'amour" von Edith Piaf, der sich ein Imbiss und ein Besuch der Lager Kirche und Kapelle unter Leitung von Dr. Hermann Queckenstedt, LVO-Vorstand und Vertreter des Bistums Osnabrück, anschlossen. Ihm folgten zahlreiche neugierige Gäste, wenn sie nicht in der strahlenden Abendsonne noch dem kulturellen Austausch frönten und anschließend entspannt ihren Heimweg antraten.