Mehr denn je Haltung gefragt – Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus

Mit Rücksicht auf den Sabbat verlegte der Landschaftsverband Osnabrücker Land e. V. (LVO) die von ihm ausgerichtete zentrale Gedenkfeier der Region für die Opfer des Nationalsozialismus auf den 28. Januar anstelle auf den Samstag davor. Nahezu 250 Menschen folgten der Einladung und nahmen an der Veranstaltung auf dem Osnabrücker Marktplatz teil.

Kein Platz für Menschenverachtung

Oberbürgermeisterin Katharina Pötter begrüßte die Teilnehmenden an der Gedenktafel für die jüdischen Opfer des Holocaust. In ihrem Wortbeitrag mahnte sie, dass mehr denn je Haltung gefragt sei gegen simple Meinungsmache und Verdrängung angesichts der unfassbaren Gräueltaten des NS-Regimes. Unsere funktionierende Demokratie und unser Rechtsstaat böten die allerbesten Voraussetzungen dafür. Und sie fuhr fort: „Menschenverachtung, Hass und Gewalt haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.“ Dass die Region diesbezüglich hervorragende Erinnerungsarbeit geleistet werde, zeigten unter anderem die Gedenkaktionen, die Schüler:innen der Bertha von Suttner-Oberschule, des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums, der Gesamtschule Schinkel und des Ratsgymnasiums in der Woche vor der Gedenkveranstaltung auf Osnabrücker Wochenmärkten durchgeführt hatten. Pötter dankte allen Beteiligten und bat anschließend um eine Schweigeminute für die Opfer des Nationalsozialismus.

Den Opfern Namen geben

Anschließend verlasen Mitglieder des LVO-Präsidiums, des Vorstandes und der Geschäftsstelle Namen von Osnabrücker Opfern. An Heinrich Bölling, der mit 84 Jahren ermordet wurde, wurde ebenso erinnert wie beispielsweise an Margot Winter, die mit nur einem Jahr sterben musste, sowie an über 30 weitere Todesopfer, deren Namen sich allesamt auch auf Osnabrücker Stolpersteinen wiederfinden.

Kranzniederlegung vor der Gedenktafel für die jüdischen Opfer

Nach der Verlesung dieser Namen legten Oberbürgermeisterin Katharina Pötter und Landrätin Anna Kebschull gemeinsam einen Kranz vor der Gedenktafel für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus nieder. Vor ihnen hatten dort bereits andere Institutionen und Bürger:innen Blumenschmuck abgelegt.

Beteiligung der jüdischen Gemeinde Osnabrück

In Vertretung des erkrankten Kantors der jüdischen Gemeinde, Baruch Chauskin, stimmte Rabbiner Michel Kohn die Totenklage „El male Rachamim“ an, die an die nationalsozialistische Verfolgung und Tötung von sechs Millionen Juden erinnert. Gemeinsam mit den anwesenden männlichen Gemeindemitgliedern sprach er dann Kaddisch, das Totengebet, das auch Hinterbliebene am Grab vortragen.

Gedenken für die Opfer unter den Sinti und Roma

Vor der Gedenktafel für die von den Nationalsozialisten ermordeten Osnabrücker Sinti erinnerte Mario Franz, Verbandssprecher der Beratungsstelle für Sinti und Roma e. V., an die Opfer in seiner eigenen Familie – für über 30 Familienangehörige kam die Befreiung durch die Alliierten zu spät; sie wurden brutal ermordet. In der Sprache seines Volkes, in Romanes, betete Franz: … Jaki rah, ha mehr ab kava Schwetto dja, kek Ziero das, kei joun min ga mahrann. …“ und übersetzte: „… Seit du uns auf diese Welt gesetzt hast, gab es keine Zeit, in der man uns nicht verfolgte und mordete. …“

Auch vor der Gedenktafel für die NS-Opfer unter den Sinti legten Pötter und Kebschull einen Kranz nieder; und auch hier hatten bereits weitere Teilnehmer:innen der Gedenkfeier der Opfer gedacht.

Schulaktionen zum Gedenken

In der Woche vor der Gedenkfeier waren zuvor Schüler:innen der Berta von Suttner-Oberschule, des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums, der Gesamtschule Schinkel und des Ratsgymnasiums Aktionen auf Osnabrücker Wochenmärkten aktiv gewesen. Sie hatten Material präsentiert, das sie zum Thema „Opfer des Nationalsozialismus“ recherchiert hatten, interviewten Passanten und machten auf Einzelschicksale im näheren Umfeld aufmerksam. Schüler:innen der 9. Klasse der Alexanderschule Wallenhorst dokumentierten diese Projekte anschließend in einem beeindruckenden Beitrag