Filme als Gefahr für Sittlichkeit, Nationalismus und Disziplin? Die Lagerhalle zeigt drei ‚Preußenfilme‘
Preußen und Lagerhalle, wie passt das denn zusammen, wird sich manche*r fragen. Doch bei allen Klischees – das Thema macht auch und gerade heute (wieder) nachdenklich und ist in der Lagerhalle bestens angesiedelt. Im Übrigen war die ‚Lagerhalle‘ im ursprünglichen Sinne u. a. in preußischer Zeit Teil des Osnabrücker Wirtschaftsgeschehens (Eisenwahren-Großhandel Richter).
Den Kontext zu ‚Preußen‘ liefert der Landschaftsverband Osnabrücker Land gemeinsam mit der Universität Osnabrück am 25.-27.09.2025 mit der Tagung „Preußen und Osnabrück. Eine Beziehungsgeschichte“. Sie wird nicht nur von einer hochkarätigen Podiumsdiskussion, sondern auch von drei spannenden Filmklassikern umrahmt:
Bereits am Dienstag, 23.09.2025, geht es los mit der bitteren Komödie „Der Hauptmann von Köpenick“ in der Fassung von 1931. Fußend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Carl Zuckmayer, handelt sie von der Macht der Uniform, aber auch von sozialen Tragödien. Hintergrund ist der historisch verbürgte Handstreich des strafentlassenen Schusters Wilhelm Voigt, der 1908 in einer ‚Second-Hand‘- Hauptmannsuniform das Köpenicker Rathaus besetzte. Sein Coup war monatelang in den Medien und provozierte u. a. mehrere Filme, aber auch hitzige polarisierende Stellungnahmen. Der Film (Regie: Richard Oswald) wurde von der rechten Presse als „Unterhöhlung des deutschen Sittlichkeitsbegriffs“ und Gefahr für die „nationale Ehre“ verteufelt; die linksliberale Kritik hingegen erklärte anerkennend und kritisch zugleich: „Preußentum ist nicht totzukriegen!“.
Der Untertan
Am Freitag, 26.09.2025, dem zweiten Tagungsabend, zeigt die Lagerhalle den berühmten Defa-Film „Der Untertan“ (Regie Wolfgang Staudte) nach dem gleichnamigen Roman von Heinrich Mann. Der Filmdienst umreißt diese Satire als „faszinierende Charakterstudie eines karrieresüchtigen Opportunisten und Reaktionärs“ und als einen „scharfen politischen Angriff auf den alten Preußengeist, die unter dem Deckmantel des historischen Rückblicks jede Art staatlicher Totalität anprangert“. Die Hauptfigur ist ein obrigkeitsvernarrter, katzbuckelnder Karrierist. Auch filmkünstlerisch ist „Der Untertan“ ausgesprochen lohnend; so spielt Staudte u. a. mit dem großen Vokabular bedeutender russischer Regisseure wie Eisenstein.
Mädchen in Uniform
Mit Blick auf eine lesbische Liebe an der Grenze zwischen Neigung und Verbot greift der letzte Film der Reihe am Dienstag, 30.09.2025, mit „Mädchen in Uniform“ (1931) ein gänzlich anderes Thema auf: Der ausschließlich mit Frauen besetzte Film entstand unter der Regie von Leontine Sagan fußend auf einem Drehbuch von Christa Winsloe. Ort der Handlung ist ein streng ‚preußisch‘ geleitetes Mädchenstift in Potsdam. Die Handlung kreist um den Konflikt zwischen einer verständnisvollen Lehrerin, einer ihr zugetanen Schülerin und der harten Oberin, was schließlich dramatische Folgen hat. Die Volksbühne befand, der Film räume „gründlich auf mit aller Moral- und Religionsheuchelei“. Und der Filmkritiker Rudolf Arnheim empfahl Ende 1931: „Ein Film, in den man vermittels Notverordnung alle Filmgegner treiben sollte.“
Informationen
- Dienstag, 23. September 2025, 19.30 Uhr
Der Hauptmann von Köpenick, 1931, Regie Richard Oswald
- Freitag, 26. September 2025, 20.00(!) Uhr
Der Untertan, 1951, Regie Wolfgang Staudte
- Dienstag, 30. September 2025, 19.30 Uhr
Mädchen in Uniform, 1931, Regie Leontine Sagan
jeweils Lagerhalle, Rolandsmauer 26, 49074 Osnabrück
Eintritt 6 Euro, erm. 5 Euro | freier Eintritt für angemeldete Tagungsgäste am 26.09.2025
Näheres zur gesamten Tagung finden Sie hier.